Wie inklusiv ist ChatGPT?

Ein Artikel in einfacher Sprache von Josefine Schulze (AI EMPOWER) & Stephanie Scholl (Agentur für Barrierefreiheit)


Künstliche Intelligenz – kurz KI – ist längst in unserem Alltag angekommen.

Viele Menschen benutzen KI-Tools, um Texte zu schreiben, Bilder zu gestalten oder Unterstützung beim Lernen zu bekommen.

Aber nicht alle Menschen können KI gleich gut nutzen.

Wir wollten verstehen: Wie inklusiv ist KI wirklich?

Darum habe ich, Josefine von AI EMPOWER, mit Stephanie Scholl gesprochen.

Gemeinsam haben wir ChatGPT ausprobiert und uns gefragt, wie zugänglich KI für Menschen mit Behinderungen ist.

Stephanie lebt mit einer Sprach- und Sehbehinderung. Offiziell heißt das „Dysgrammatismus“ und „Legasthenie“.

Sie lebt schon ihr ganzes Leben damit – und will heute nicht über Defizite reden, sondern über Chancen: über KI und Inklusion.

Das Interview

Josefine: Steph, du hast ja neulich ChatGPT ausprobiert. Kennst du die Audiofunktion davon schon?

Steph: Nein, die nutze ich noch nicht aber ich kenne die Vorlesestimme von meinem MacBook, Jahrgang 2012.

Josefine: Wollen wir uns die Antwort einfach mal vorlesen lassen?

Steph: Klar! Mein MacBook ist zwar alt, aber ich probier’s trotzdem.

Josefine: Und – konntest du verstehen, was dir der Computer vorgelesen hat?

Steph: Ja, das habe ich gut verstanden.

Josefine: Ich muss sagen, ich hatte große Mühe, alles zu verstehen, weil es so abgehakt klingt.

Steph: Ich nutze solche Vorleseprogramme schon länger und bin die Stimmen einfach gewohnt.

Manchmal werden sogar Emojis vorgelesen – das ist witzig!

Der Unterschied zwischen MacBook und ChatGPT

Josefine: Wie war der Unterschied zwischen der Sprachfunktion auf deinem alten MacBook und der Vorlesefunktion in ChatGPT?

Steph: Das war ein großer Unterschied!

Die Stimme vom MacBook klingt eher blechern und technisch – fast wie eine alte Computerstimme.
Man versteht sie, aber sie ist anstrengend, weil sie keine Pausen macht und alles gleich betont.

Die Stimme von ChatGPT dagegen klingt fast menschlich.
Sie ist weicher, macht kurze Pausen und klingt „harmonischer“ – so, als würde jemand wirklich mit mir sprechen.
Das hilft mir, mich besser auf den Inhalt zu konzentrieren.

Josefine: Das stimmt. Ich fand auch, dass die ChatGPT-Stimme viel natürlicher klingt – fast so, als würde man einem Podcast zuhören.

Josefine: Macht es das für dich einfacher, Inhalte zu verstehen?

Steph: Ja, manchmal schon. Nur ChatGPT spricht manchmal zu schnell.

Josefine: Hast du mal gefragt, ob es den Text langsamer vorlesen kann?

Steph: Ja. ChatGPT hat schreibt und sagt: “Ich kann leider nicht langsamer vorlesen, aber ich kann den Text so umschreiben, dass er sich langsamer liest – wie in einem Vortrag.”

Josefine: zeig uns doch mal deine Eingabe und wie das ausgeschaut hat, liebe Steph:

Die Antwort in ChatGPT, als wir uns den Text langsamer vorlesen lassen wollten.

Steph: Das fand ich spannend. Ich wünsche mir, dass es eine einfache Einstellung gibt mit Symbolen, wie einer 🐢 Schildkröte für langsam und einem 🐇 Hasen für schnell. Dann könnte ich selbst bestimmen, wie schnell ich es hören möchte. Das wäre wirklich inklusiver.

Stephs Fazit zum Test

Ich finde KI spannend, weil sie mir helfen kann. Zum Beispiel beim Arzt: Wenn dort KI beim Protokollieren hilft, kann ich mich besser auf das Gespräch konzentrieren.

Und vielleicht bekomme ich dann schneller die richtige Hilfe – gerade bei Ärztemangel. Aber ich sehe auch die Risiken. KI kann Menschen gläsern machen. Und oft spüre ich das Machtgefälle: Viele merken gar nicht, dass sie Macht über andere haben – und das tut weh.

Als behinderter Mensch wird dir oft alles abgesprochen: Fähigkeiten, Macht, Teilhabe.

Das spiegelt sich auch in der KI wider.

Ich wünsche mir, dass KI-Systeme uns mehr zutrauen – und dass wir alle mitreden dürfen.
— Stephanie Scholl
Ich finde, wir sind schon ziemlich weit, wenn es um Inklusion und Behinderung in der KI geht.

Aber es gibt noch viele Baustellen.

Zum Beispiel macht ChatGPT gute Vorschläge, aber oft sind sie umständlich.

Ich wünsche mir einfache Hinweise, wo ich Texte direkt vorlesen lassen kann.

Im Moment geht es nicht direkt einen Text langsamer oder schneller vorlesen zu lassen.

Im folgenden Bild siehst du den Prompt von Steph, damit ChatGPT den Text langsamer für sie vorliest.
— Stephanie Scholl

Josefines Fazit

Unser kleiner Test zeigt:

KI kann Inklusion fördern – wenn sie mitgedacht wird und gemeinsam mit der Zielgruppe entwickelt wird.

Barrierefreie Tools, Audiofunktionen, klare Sprache und Respekt in der Gestaltung sind Schlüssel dafür.

Inklusive KI-Teilhabemöglichkeit heißt, dass Menschen wie Steph nicht nur Nutzerinnen, sondern wichtige Mitgestalterinnen von KI werden können.

Und dass Technologie Empowerment statt Barrieren schafft.


Willst du mehr erfahren?

Dieser Artikel ist im Rahmen des Projekts „Zukunft mitgestalten“ entstanden.
Das Projekt wird von der Stadt Wien im Programm „Europäische Demokratiehauptstadt“ gefördert.Wir haben gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen über KI gesprochen und Inhalte entwickelt, damit Künstliche Intelligenz für alle zugänglicher wird.


Erfahre mehr über das Projekt hier: www.ai-empower.org/zukunft-mitgestalten


Und werde Teil unserer digitalen Community: ai-empower.org/login


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